Gemeinschaft ist möglich

  Einführung zum Gebet in der Allianz Gebetswoche

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Die Themen für die Allianz Gebetswoche sind vorgegeben. Das Generalthema lautet: „Gottes Möglichkeiten entdecken.“

Für den heutigen Abend ist das Thema vorgeschlagen: „Gemeinschaft ist möglich“ So ist es auch in dem Begleitheft abgedruckt und natürlich habe ich mir das auch angesehen und durchgelesen. Dabei fiel mir beim Betrachten der Überschrift etwas auf. Etwas eigentlich ganz Unwesentliches, aber meine Gedanken blieben daran hängen. Mir fiel auf, dass sich hinter dem Satz „Gemeinschaft ist möglich,“ kein Satzzeichen befindet. Natürlich weiß ich, dass man das normalerweise auch hinter Überschriften nicht macht. Aber bei mir setzte sich der Gedanke fest, was für ein Satzzeichen würdest du dahinter setzen, wenn ich das tun sollte.

Einen Punkt, der dann soviel ausdrückte wie: Alles OK mit diesem Thema, brauchen wir nicht weiter drüber nachzudenken. Oder wäre gar ein Ausrufezeichen angebracht, das dann signalisieren würde: Um dieses Thema steht es ganz vorzüglich, keine Probleme. Oder, kam mir in den Sinn, wäre hier vielleicht doch ein Fragezeichen angebracht, das dann den Satz praktisch etwas verändern würde in die Aussage: „Ist Gemeinschaft möglich?“

Natürlich, werden wir vielleicht spontan sagen, ist Gemeinschaft möglich. Und sicher gibt es sie hier und dort auch. Aber hier ist doch gemeint Gemeinschaft ganz weit gesteckt, Gemeinschaft aller Christen in unserer Stadt, Gemeinschaft aller Christen möglichst weltweit. Und wenn man dann in unsere Welt hineinschaut, entdeckt man mehr Trennung, Spaltung, Distanz und Ablehnung unter Christen, als Gemeinschaft. Und das ist nicht erst so seit der großen Trennung der Kirchen unter Luther, die richtig und notwendig war. Schon Paulus schreibt an die Korinther:

„Ich höre, es seien Spaltungen unter euch... Denn es müssen ja Spaltungen unter euch sein, damit die Rechtschaffenen unter euch offenbar werden.(1. Korinther 11, 18 + 19)

Und auch schon vor Luther war man sich in der Kirche nicht einig, sonst hätte er nicht reformieren brauchen. Und mit der großen Kirchenspaltung der Reformation, ist es nicht geblieben, sondern es haben sich immer wieder neue Kirchen, Freikirchen, Gemeinden und christliche Zusammenschlüsse unter den verschiedensten Namen gebildet. Und ihrer aller Merkmal war und ist, dass sie meist bewusst sich von anderen distanziert haben und keine Gemeinschaft wollten. Das ist im Grunde ja auch unsere heutige Situation.

Was ist nun zu tun? Vielleicht müssen wir uns neu besinnen, was Gemeinschaft eigentlich bedeutet und mit wem Gemeinschaft wirklich erstrebenswert und möglich ist. Der Begriff Gemeinschaft geht im Deutschen ja auf das Wort `gemeinsam’ zurück. Eine Gemeinschaft entstand dadurch, dass man etwas gemeinsam hatte oder hat. Und besonders eindrücklich entsteht Gemeinschaft dadurch, dass man gemeinsam etwas erlebt hat. Dadurch entsteht, so heißt es im Lexikon:
Eine soziale Lebensform, deren Wesen von der inneren Verbundenheit der Gruppenmitglieder bestimmt wird.

Früher gab es so etwas in kleinen Dörfern, dass man ein Dorf-Gemeinschaftshaus oder ähnliches hatte. Das gehörte letztlich keinem persönlich, sondern praktisch allen, die im Dorfe wohnten, der Dorfgemeinschaft. Deshalb konnte jeder diese Stätten nicht nur unentgeltlich nutzen, sondern man nutze sie auch, um gemeinsam etwas zu erleben. Die Gemeinschaft drückte sich dadurch aus, dass man etwas gemeinsam hatte und nutzte und erlebte.

Ich denke, dass wir als Christen mit den unterschiedlichsten Namen uns wieder fragen müssen, was wir denn gemeinsam haben. Dabei müssten wir bereit sein, vom kleinsten möglichen gemeinsamen Nenner auszugehen und ihn akzeptieren. Denn in der Praxis ist es doch so, dass die mangelnde Gemeinschaft bzw. die Distanz bis zur Ablehnung dadurch kommt, dass wir nicht das Gemeinsame, sondern das Besondere, das wir alle zu haben glauben, in den Vordergrund stellen und dadurch Distanz herstellen

Ich will das an meiner eigenen Situation klarmachen. Ich bin Baptist. Wir Baptisten betonen besonders die Taufe. Die Taufe der Gläubiggewordenen, versteht sich. Und wir tun das und halten daran fest, weil wir von der Bibel her überzeugt sind, dass das richtig und vernünftig ist und vor allem biblisch .

Aber es soll und darf nicht bedeuten, dass mir, dass uns als Gemeinden die Taufe das Allerwichtigste wäre. Nein, das Wichtigste ist und bleibt der Glaube an unseren Herrn Jesus Christus. Deshalb können wir mit allen Gemeinschaft haben, die Jesus Christus wirklich als Herrn bekennen. Dazu ist es notwendig, dass wir uns, wie schon erwähnt, auf den kleinsten gemeinsamen Nenner besinnen und das, was wir in den einzelnen Kirchen und Gemeinden als Besonderes erkannt haben, zurückstellen. Natürlich müssen wir den kleinsten gemeinsamen Nenner auch formulieren. Aber ich denke, dass wir in dem sogenannten Apostolischen Glaubensbekenntnis eine gute Formulierung haben. Ich lese das Wichtigste einmal vor:

Ich glaube an Jesus Christus, den eingeborenen Sohn, unseren Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria. Gekreuzigt, gestorben und begraben, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters. Von dort wird er kommen zu richten die Lebenden und die Toten. Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige, allgemeine Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen

Mit Leuten, die das glauben und leben, meine ich, kann jeder ehrliche Christ Gemeinschaft haben. Weil wir dann das haben, was Gemeinschaft erst begründet, wir haben etwas gemeinsam: Einen Glauben, ein Ziel, ein Anliegen, nämlich Jesus zu lieben und seine frohe Botschaft von der Rettung aus Sünden zu verkünden. Und wir wünschen allen, die sich dazu bekennen, Gottes Segen. Das ist Gemeinschaft im Heiligen Geist.

Dann stimmt sogar unsere Überschrift : „Gemeinschaft ist möglich!“ mit einem Ausrufezeichen. Ja, Gemeinschaft ist möglich, heute unter uns Christen. Und dann werden wir vielleicht auch dem Generalthema gerecht, das da heißt: „Gottes Möglichkeiten entdecken.“ Eigentlich sollten wir ja Gottes Möglichkeiten zur Genüge kennen, als fleißige Bibelleser. Aber vielleicht geht es uns im Geistlichen ähnlich, wie es mir vor einiger Zeit mit meiner Brieftasche ging. Sie hatte so viele Fächer, dass ich immer nur einige ständig benutzte.

Als ich eines Tages einmal alle Fächer durchsuchte, fand ich einen Hundertmarkschein in einem Fach, das ich sonst nicht benutzte. Ich hatte ihn irgendwann dort hineingetan und vergessen und ihn dann wiederentdeckt. (Was bei meiner knappen Kasse schon erstaunlich war)

So ähnlich mag es uns mit biblischen Verheißungen gehen. Wir haben sie, wir müssen sie nur neu entdecken. Vor allem eben die, die etwas mit Gebet, Einheit, eben mit Gemeinschaft zu tun haben.

Und da haben wir wirklich gute Verheißungen. Ich erinnere:

Matthäus 18, 19 + 20: Wenn zwei unter euch eins werden auf Erden, worum sie bitten wollen, das soll ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel. Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.

Es ist tröstlich - wenn auch keine Entschuldigung für niedrige Besucherzahlen - dass Jesus schon auf die kleinste Gemeinschaft eine große, eigentlich unendliche Verheißung legt.

Es wäre schön, wenn ich mit diesen Worten schließen könnte. Aber um der Wahrhaftigkeit willen muss ich auch das noch sagen. Wenn wir so Gemeinschaft im Heiligen Geist haben, als Christen die, wir es definierten, Jesus lieben, dann distanzieren wir uns - und das ist gut so und muss sein - von manchen anderen. Im Wort des Paulus das wir eben gelesen haben, heißt es deshalb – was uns sehr erstaunt, wenn wir nur oberflächlich denken – das Spaltungen sogar nötig sind, damit die Rechtschaffenen offenbar werden.

Natürlich können wir nicht Gemeinschaft haben mit Menschen, die einen anderen Gott meinen, zumindest nicht Gemeinschaft im Heiligen Geist. Wir können nicht Gemeinschaft haben mit denen, für die Jesus nur der Menschensohn ist, die die Jungfrauengeburt und Auferstehung leugnen und aus Jesus Christus eine Jesu Christa und aus dem Heiligen Geist eine Heilige Geistin machen. Die Lebensformen anerkennen und segnen, die die Bibel verurteilt.

Denn wenn Jesus nicht vom Heiligen Geist gezeugt ist, dann ist er nicht Gottes Sohn. Wenn er aber nicht Gottes Sohn ist, dann ist am Kreuz nur der Sohn Josefs gestorben. Ein Mensch, der unser tiefes Mitgefühl, dessen Sterben aber keine Heilsbedeutung hätte. Und dass der Sohn eines Zimmermanns aus den Tode auferstanden wäre, würde ich auch nicht glauben. Aber wir haben die Heilsgewissheit eben durch diesen Jesus, dem einzigen Sohn Gottes, bekommen und dieses gemeinsame Erleben sollte uns Gemeinschaft vermitteln.

Hier ist es nicht mehr so, dass man etwas Besonderes betont, sondern hier geht es um Irrlehre. Und für Irrlehrer hat Gottes Wort ein hartes Urteil, wie wir unter anderen aus 2. Petrus 2, 3 wissen:

Ihnen ist das Urteil seit langem bereitet und ihre Verdammnis schläft nicht.

Ich weiß aber, dass wir heute zusammen sind als Christen, die in Bezug auf Jesus von ganzen Herzen bekennen können, wie Petrus es einst getan hat:

„Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn.“ (Matthäus 16, 1)

Wenn das unser aller Bekenntnis ist, dann haben wir Gemeinschaft im Heiligen Geist, mit dem Vater und dem Sohne und untereinander. Dann dürfen wir auch damit rechnen, dass unsere Gebete in dieser Gemeinschaft Erhörung finden.

Dann werden wir auch akzeptieren können, dass der eine oder andere eine bestimmte Erkenntnis für wichtiger hält als ich. Und ich werde dann auch erfahren, dass ich als Bruder angenommen bin, auch wenn ich eine bestimmte Erkenntnis für wichtiger halte als ein Gläubiger aus einer anderen Denomination. Aber eines sollten wir bedenken und nicht zu gering achten. Was wäre für uns als Christenheit möglich, wenn wir die Vorurteile und Andersartigkeiten wirklich hintenan stellen würden und unsere gemeinsame Kraft, die Kraft, die aus der göttlichen Gemeinschaft wächst, dazu nutzen würden, Menschen zum Glauben zu rufen.

Denn das ist doch letztlich unser aller Auftrag, welchen Namen wir als Kirche und Gemeinde auch tragen mögen: Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur. Ein beredetes Beispiel haben wir z.B schon bekommen in der Veranstaltung „ProChrist“, wo zigTausende Menschen zum Lebendigen Glauben gefunden haben. Und das heißt doch nichts anderes, als dass sie von der Hölle zum Himmel errettet worden sind. Sollte uns dafür etwas zu teuer sein? Und das ist nicht nur finanziell gemeint, sondern betrifft auch die Aufgabe liebgewordener Standpunkte, die aber ein gemeinsames Tun verhindern.

Und dann werden wir alle einmal wirklich göttliche Gemeinschaft haben ohne alle Vorbehalte, wenn Gott in Jesus das für alle die wahr macht, die ihn wirklich lieben und von denen es heißt, dass Jesus mit ihnen die engste und tiefste Gemeinschaft haben wird die denkbar ist. Wenn wir nämlich in der Ewigkeit mit IHM das Abendmahl halten werden, in der Gemeinschaft von Vater, Sohn und Heiligen Geist und allen Gläubigen. Dass das so sein wird, sagt uns deutlich Gottes Wort in der
Offenbarung 3, 20:

Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. So jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir.

Und das dass einmal Wirklichkeit wird, verdanken wir alleine unserem Herrn Jesus Christus. Denn er ist für uns an das Kreuz gegangen, damit wir Vergebung der Sünden haben. Und Vergebung haben wir wohl alle nötig, sicherlich auch in der Weise, dass wir uns an der Gemeinschaft der Heiligen versündigt haben, indem wir den Bruder oder die Schwester mit einer anderen Erkenntnis nicht nur geringer geachtet, sondern innerlich abgelehnt haben.

Wenn wir darüber heute Buße tun werden, wird Gemeinschaft auch jetzt und in dieser Stunde möglich. Deshalb schlage ich vor, dass wir jetzt das Gebet des Herrn gemeinsam sprechen als ein Zeichen, dass uns dieses Gebet eins macht in unserem Herrn Jesus Christus und er deshalb gemäß seines Wortes mitten unter uns sein wird.

Wir beten:

Vater unser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme, dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib und heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
 sonder erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen


Predigt von Robert Nowak, Köln, 12. 1. 2000,
http://www.nowakpredigtbuch.de/,

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